jedenfalls. ich bin in einer sehr kleinen, ostdeutschen Stadt aufgewachsen, zog dann mit mutter und schwester in eine nicht ganz so kleine stadt, in der ich recht lange glücklich war, um dann auszuziehen: nach berlin. immer, wenn ich der kleinen stadt nun besuche abstatte, merke ich, wie sehr mich diese bedrücken. irgendetwas liegt in diesen städten in der luft. ein mix aus tristesse, ennui, arbeitslosigkeit und noch vielem mehr. bei tschechov ist mir nun ein zitat aufgefallen, das das und nicht nur das sehr gut in worte fasst:
Warum werden wir, kaum dass wir ins Leben eintreten, langweilig, farblos, uninteressant, träge, gleichgültig, unnütz und unglücklich... Unsere Stadt besteht schon zweihundert Jahre, sie hat hunderttausend Einwohner, aber es findet sich nicht einer darunter, der anders wäre
als die andern, nicht einer, weder einst noch jetzt, der heldenmütig für eine allgemeine Sache eingetreten wäre; kein einziger Gelehrter, kein Künstler, kein auch nur leidlich bemerkenswerter Mensch, der Neid oder den leidenschaftlichen Wunsch, ihm nachzueifern, geweckt hätte... Es wird nur gegessen, getrunken, geschlafen und schließlich gestorben... andere werden geboren, die auch wieder nur essen, trinken und schlafen; und damit sie nicht vor Langerweile völlig abstumpfen, bringen sie durch widerliche Klaschtereien, Wodka, Kartenspiel und boshafte Ränke ein wenig Abwechslung in ihr Leben; und die Frauen betrügen ihre Männer, und die Männer lügen und tun, als ob sie nichts sähen und nichts hörten; und der Einfluss dieses ganz niederträchtigen Lebens drückt die Kinder unwiderstehlich zu Boden, so dass der göttliche Funke in ihnen erlischt und sie zu genau solchen erbärmlichen, sich durch nichts voneinander unterscheidenden Leichnamen werden wie ihre Väter und Mütter.
(Tschechov - Drei Schwestern. Vierter Akt.)
Ich bin oft glücklich in Berlin und dankbar dafür, früh genug ausgebrochen zu sein.
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